Straßburg (ots) –

Das Video zum Thema finden Sie im Newsroom des Europäischen Parlaments unter https://www.presseportal.de/nr/106967

  • Von 1990 und 2020 wurden Waldflächen abgeholzt, die größer waren als die Fläche der EU, wobei der Verbrauch in der EU für rund 10 % der Verluste verantwortlich ist
  • Neue Regeln gelten für Holz, Holzkohle, Kaffee, Kakao, Kautschuk, Palmöl, Rinder, Soja und Druckerzeugnisse
  • Menschenrechte und die Rechte indigener Völker als zusätzliche Anforderungen
  • Auch Verbraucher in Bayern sollen sicher sein können, dass sie nicht mehr unwissentlich die Abholzung von Wäldern begünstigen

Um Klimawandel und Artenschwund entgegenzuwirken, müssen Unternehmen künftig sicherstellen, dass für Produkte, die in der EU verkauft werden, Wälder weder abgeholzt noch geschädigt wurden. Die Regelung soll auch für bayerische Firmen gelten. Die Europaabgeordneten verabschiedeten eine entsprechende Verordnung am Mittwoch in Straßburg.

Einfuhren aus bestimmten Ländern bzw. Einfuhren bestimmter Rohstoffe werden zwar nicht verboten, doch dürfen Unternehmen Produkte nur dann in der EU verkaufen, wenn die entsprechenden Lieferanten eine sogenannte Sorgfaltserklärung abgegeben haben.

Die Erklärung bestätigt, dass das jeweilige Produkt weder von einer Fläche stammt, die nach dem 31. Dezember 2020 abgeholzt wurde, noch nach dem 31. Dezember 2020 zur Schädigung von Wäldern und insbesondere von unersetzlichen Primärwäldern geführt hat.

Wie vom Europäischen Parlament gefordert, müssen die Unternehmen auch nachweisen, dass diese Produkte den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes entsprechen. Das bedeutet, dass die Menschenrechte und die Rechte der betroffenen indigenen Völker geachtet werden müssen.

Neuen Vorschriften gelten für Sojabohnen, Holz, Palmöl und andere Naturprodukte

Unter die neuen Rechtsvorschriften fallen – wie im ursprünglichen Kommissionsvorschlag vorgesehen – Rinder, Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja und Holz, einschließlich der Produkte, die diese Rohstoffe enthalten, mit ihnen gefüttert oder aus ihnen hergestellt wurden, wie etwa Leder, Schokolade und Möbel. Bei den Verhandlungen gelang es den Europaabgeordneten auch, die Vorschriften auf Kautschuk, Holzkohle, Druckerzeugnisse und einige Palmölderivate auszuweiten.

Auch wenn in Deutschland die Erntemengen von Sojabohnen in den vergangenen Jahren gestiegen sind, muss der Großteil weiter importiert werden. Im Jahr 2022 wurden laut Statistischem Bundesamt auf 51.500 Hektar in Deutschland 120.500 Tonnen Soja geerntet und damit 13,04 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Anbaufläche in Deutschland hat sich seit 2016 sogar mehr als verdreifacht.

Der Großteil der Sojaernte 2022 stammte aus Bayern (78.500 Tonnen), gefolgt von Baden-Württemberg (19.000 Tonnen). In den beiden Bundesländern im Süden des Landes befanden sich mehr als 75 Prozent (39.000 Hektar) der innerdeutschen Anbaufläche. Das reichte jedoch nicht aus, um die Nachfrage in Deutschland zu decken. Nach vorläufigen Ergebnissen der Außenhandelsstatistik wurden 2022 mehr als 3,4 Millionen Tonnen Sojabohnen importiert, hauptsächlich aus den USA (2.040.729 Tonnen) und Brasilien (965.818 Tonnen).

Das Europäische Parlament sorgte außerdem für eine umfassendere Definition der Waldschädigung. Sie schließt nun die Umwandlung von Primärwäldern oder natürlich nachwachsenden Wäldern in Plantagenwälder oder in andere bewaldete Flächen sowie die Umwandlung von Primärwäldern in durch Pflanzung entstandene Wälder ein.

Je größer das Risiko, desto mehr Kontrollen gibt es

Die Europäische Kommission stuft innerhalb von 18 Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung Länder oder Teile davon auf der Grundlage einer objektiven und transparenten Bewertung als Länder mit geringem, normalem oder hohem Risiko ein. Für Erzeugnisse aus Ländern mit geringem Risiko gilt ein vereinfachtes Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht.

Wie stark die Marktteilnehmer kontrolliert werden, richtet sich nach dem Risikoniveau des jeweiligen Landes: 9 % für Länder mit hohem Risiko, 3 % für Länder mit normalem Risiko und 1 % für Länder mit geringem Risiko.

Die zuständigen EU-Behörden haben Zugang zu Informationen, die die Unternehmen zur Verfügung stellen, z. B. zu den geografischen Koordinaten, und überprüfen mithilfe von Satellitenüberwachungsinstrumenten und DNA-Analysen, woher die Erzeugnisse stammen.

Die Sanktionen für Verstöße müssen verhältnismäßig und abschreckend sein, und die höchste Geldstrafe muss mindestens 4 % des gesamten Jahresumsatzes des verstoßenden Unternehmens oder Händlers in der EU betragen.

Die neuen Vorschriften wurden mit 552 zu 44 Stimmen bei 43 Enthaltungen angenommen.

Zitat

Berichterstatter Christophe Hansen (EVP, Luxemburg) erklärte nach der Abstimmung: “Bis heute sind unsere Supermarktregale allzu oft mit Produkten gefüllt, die mit der Asche abgebrannter Regenwälder und unwiederbringlich zerstörter Ökosysteme bedeckt sind und die Lebensgrundlage indigener Völker vernichtet haben. Allzu oft geschah das, ohne dass die Verbraucher davon wussten. Ich bin erleichtert, dass die europäischen Verbraucher nun sicher sein können, dass sie nicht mehr unwissentlich die Abholzung von Wäldern begünstigen, wenn sie ihre Tafel Schokolade essen oder einen wohlverdienten Kaffee genießen. Das neue Gesetz ist nicht nur überaus bedeutsam für unseren Kampf gegen den Klimawandel und den Artenschwund, sondern es dürfte auch die Blockade lösen, die uns daran hindert, die Handelsbeziehungen mit Ländern zu vertiefen, die unsere ökologischen Werte und Ambitionen teilen.”

Nächste Schritte

Der Text muss nun auch vom Rat förmlich gebilligt werden. Anschließend wird er im Amtsblatt der EU veröffentlicht, und 20 Tage später tritt er in Kraft.

Hintergrundinformationen

Nach Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) wurden von 1990 bis 2020 insgesamt 420 Millionen Hektar Wald in landwirtschaftlich genutzte Fläche umgewandelt. Das entspricht einer Fläche, die größer ist als die gesamte EU. Der Verbrauch in der EU ist für etwa 10 % dieser weltweiten Entwaldung verantwortlich. Mehr als zwei Drittel davon entfallen auf Palmöl und Soja.

In den Verträgen der EU ist festgelegt, dass das Parlament die Kommission auffordern kann, Rechtsvorschriften vorzuschlagen. Im Oktober 2020 machte es davon mit Blick auf den Schutz der Wälder Gebrauch und forderte Vorschriften, um die von der EU verursachte weltweite Entwaldung zu stoppen. Am 6. Dezember 2022 einigte sich das Parlament mit den EU-Mitgliedstaaten auf die neuen Vorschriften.

Weitere Informationen

Den angenommenen Text finden Sie hier (unter folgendem Datum: 19.4.2023).

https://www.europarl.europa.eu/plenary/de/votes.html?tab=votes

Merkblatt zu den Verfahrensschritten

Wissenschaftliches Briefing des Europäischen Parlaments: Auf dem Weg zu entwaldungsfreien Rohstoffen und Erzeugnissen in der EU

Wissenschaftliches Briefing des Europäischen Parlaments: Brasilien und der Amazonas-Regenwald – Entwaldung, Artenvielfalt und Zusammenarbeit mit der EU und internationalen Foren

Informationsblatt der Europäischen Kommission zum Thema Entwaldung

Infoclip: Häufig verwendete Produkte, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung gebracht werden

Das Video zum Thema finden Sie im Newsroom des Europäischen Parlaments unter https://www.presseportal.de/nr/106967

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