Zürich/Fogera (ots) –

Nicht nur der Qualm von Zigaretten ist gesundheitsschädlich. In armen Ländern lauern Krankheiten auch in der Küche: Unter den Schadstoffen im Rauch der offenen Feuerstellen leiden vor allem Frauen und Kinder. In Äthiopien bringt Menschen für Menschen Bausätze zu den Familien, die zu einfachen Herden zusammengebaut werden können. Diese holzsparenden und raucharmen Kochstellen schonen die Gesundheit der Menschen – und das Klima.

Wer mit einem Knopfdruck oder einem Schalterdrehen einen Elektroherd in Gang setzt, denkt kaum daran, wie mühsam das Kochen und Backen einst war. Umso überraschender ist zum Beispiel auf einer Wanderung die Erkenntnis, wie beissend Rauch sein kann, wenn man mit feuchtem Holz ein Grillfeuer machen will.

Für Frauen in Ostafrika sind brennende Augen Alltag. Sie stehen täglich stundenlang im Rauch von traditionellen Kochfeuern: Töpfe und Pfannen werden auf drei Steine direkt über das offene Feuer gestellt. Viele Frauen haben Atemwegserkrankungen. Auch Kinder husten wegen des ätzenden Qualms.

Immer noch ist ein Drittel der Weltbevölkerung auf Biomasse angewiesen. Rund 2,7 Milliarden Menschen kochen mit Holz, Holzkohle, Kuhdung oder landwirtschaftlichen Abfällen. Diese ineffizienten und umweltschädlichen Brennstoffe tragen zu Krankheiten und Todesfällen bei. Jeden Tag füllen wir unsere Lungen zwanzigtausendmal mit einem halben Liter Luft. Das Eindringen von Schadstoffen bei jedem Atemzug über täglich viele Stunden hinweg kann zu Herzkrankheiten, Schlaganfall, Krebs, Lungenentzündung und chronischen Lungenkrankheiten führen. Viele Menschen sterben an den Folgen von Russ und Rauch in den eigenen vier Wänden: Laut Weltgesundheitsorganisation war die Luftverschmutzung in Haushalten im Jahr 2020 für schätzungsweise 3,2 Millionen Todesfälle verantwortlich, darunter mehr als 237´000 Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren.

Herde schützen Gesundheit

Wegen des Holzmangels in Äthiopien werden die Kochfeuer auch mit Zweigen, trockenen Blättern und Maisstängeln unterhalten – mit mörderischer Rauchentwicklung. Der Qualm ist – neben zahlreichen Schwangerschaften, der Mangelernährung und der grossen Arbeitsbelastung – ein Faktor, warum Äthiopierinnen oft früh sterben: Ein Mädchen in Äthiopien, das Anfang der Siebzigerjahre zur Welt kam, hatte bei ihrer Geburt eine statistische Lebenserwartung von lediglich 45 Jahren. Zum Vergleich: In der Schweiz haben Frauen Jahrgang 1970 eine statistische Lebenserwartung von 76,2 Jahren.

Deshalb sorgt Menschen für Menschen im Bezirk Fogera im Nordwesten Äthiopiens für den Zugang zu einfachen Herden. Die Einzelteile aus Zement werden in Kleinstädten mit Hilfe von Giessformen produziert. Die Bausätze aus sechs Teilen kosten zwar nur rund 13 Franken. Aber selbst dieser kleine Betrag ist für viele Familien schwierig aufzubringen, wenn man sich vor Augen führt, dass ein Tagelöhner in Äthiopien nur etwa einen Franken pro Tag verdient. In Schulungen lernen die Bäuerinnen, wie man die Herde zusammenbaut und mit Lehm verputzt. Weil ihnen durch die Schulung Arbeitszeit verloren geht, kompensiert das Schweizer Hilfswerk die Teilnahme daran mit einem Geldbetrag. “Mit dieser Subvention stellen wir sicher, dass sich auch besonders arme Familien einen Herd kaufen können”, erläutert Geschäftsführer Kelsang Kone.

Mit Lastwagen werden die schweren Bauteile in die Dörfer gebracht. Die letzte Strecke werden sie von den künftigen Nutzern nach Hause getragen, wenn sie keine Esel als Packtiere haben. Meist gibt es keine befahrbaren Wege zu den Bauernhöfen.

Ein Drittel bis die Hälfte sparen die Herde an Brennmaterial im Vergleich zu offenen Feuerstellen ein – und damit auch an Arbeitszeit von Mädchen und Frauen, zu deren schweren und langwierigen Arbeiten das Sammeln von Brennholz gehört.

Positiver Effekt auf das Klima

Im Dorf Anguko haben sich die Eltern des siebenjährigen Mädchens Hagere und des einjährigen Buben Alemayehu für die Innovation entschieden. “Jetzt muss ich weniger Äste sammeln”, sagt Fetlework Welelaw, die Mutter. “Die gewonnene Zeit kann ich mit meinen Kindern verbringen.” Kleinkinder, noch unsicher auf ihren Beinchen, könnten in einem unbeobachteten Moment in die Glut offener Feuerstellen fallen. “Deshalb war für mich auch die Sicherheit meiner Kinder ein wichtiger Grund für den Herd”, sagt Tazeb Haile, der Vater.

“Äthiopien ist nur scheinbar weit weg”, betont Kelsang Kone. “Verschwindet in Afrika der Wald, heizt das auch die Temperaturen in der Schweiz an. Unsere holzsparenden Herde wirken deshalb lokal und auch global, denn als Nebeneffekt helfen sie dem Klima.” 920 Kilogramm spart jeder Herd pro Jahr an CO2-Emissionen ein. Zum Vergleich: Der Fleischverbrauch eines Schweizers schlägt im Schnitt pro Jahr mit rund 400 Kilogramm CO2 zu Buche, ein privates Auto mit 2000 Kilogramm.

3000 Familien in Fogera kochen und backen bereits auf den Herden von Menschen für Menschen. Nun sollen weitere 4000 Familien mit den Herden versorgt werden.

Menschen für Menschen setzt sich gegen Armut und Hunger ein. Die Stiftung wurde von dem Schauspieler Karlheinz Böhm (1928 – 2014) gegründet. Im Geiste des Gründers schafft das Schweizer Hilfswerk Lebensperspektiven für die ärmsten Familien in Äthiopien. Ziel der Arbeit ist es, dass sie in ihrer Heimat menschenwürdig leben können. Schwerpunkte der einzelnen Projekte sind Frauenförderung, Berufsbildung, Mikrokredite, Kinderhilfe, Familienplanung und landwirtschaftliche Entwicklung. Die Komponenten werden nach den lokalen Bedürfnissen kombiniert und mit sorgfältig ausgewählten einheimischen Partnern umgesetzt.

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