Zürich/ Addis Abeba/ Wukro (ots) – Die Nothilfe von Menschen für Menschen hat 5248 Menschen in Äthiopiens Konfliktregion Tigray erreicht. Die andauernde Unsicherheit durch die weiter aufflammende Gewalt erschwerte die Aktion. Dank der lokalen Vernetzung der Helfer konnten Mehl und Speiseöl aber an die ländliche Bevölkerung verteilt werden.

“Wenn die Hilfe nicht gekommen wäre, hätte ich in die Stadt fliehen und bei Gläubigen an den Kirchen betteln müssen”, sagte ein 70-jähriger Bauer bei der Lebensmittelverteilung von Menschen für Menschen im Dorf Gera Hatsera nahe der Stadt Wukro. “Aber wahrscheinlich hätte mir kaum jemand etwas gegeben, weil jeder zu wenig hat.”

Die Situation in Äthiopiens nördlichem Bundestaat Tigray ist nach rund sechs Monaten Bürgerkrieg und immer wieder aufflammender Gewalt weiter katastrophal: Insgesamt sind nach UN-Angaben 5,2 Millionen Menschen auf Lebensmittehilfe angewiesen – das sind 91 Prozent der Einwohner. Doch die meisten Menschen können nicht ausreichend versorgt werden, weil sie in entlegenen Regionen leben, die für die Hilfskonvois aufgrund schlechter Strassen und der Sicherheitslage nicht zugänglich sind. Manchmal gibt es auch Strassensperren von Militärangehörigen, die eine Weiterfahrt verweigern.

Zwar konnten staatliche und UN-Hilfe zwischen Ende März und Mitte Mai insgesamt fast 30´000 Tonnen Lebensmittel in die Region bringen und damit rund 1,8 Millionen Menschen versorgen. Doch “der Zugang für humanitäre Hilfe ist nach wie vor unregelmässig und fast ausschliesslich auf die Städte beschränkt”, berichten die Vereinten Nationen, während “die humanitäre Not in den ländlichen Gebieten am grössten ist”. Viele Menschen verlassen ihre Heimat und fliehen in die Städte, wo sie häufig in Klassenzimmern geschlossener Schulen in grosser Enge untergebracht werden.

Menschen für Menschen hat sich deshalb mit der Organisation “Elshadai” zusammengetan, die in der ländlichen Umgebung der Stadt Wukro ein Heim für Waisenkinder unterhält. Die lokale Nichtregierungsorganisation ist vor Ort gut vernetzt. Die Mitarbeiter konnten in Zusammenarbeit mit Dorfältesten die Bedürftigen identifizieren. Die Empfänger baten um die Lieferung von Mehl statt Getreide – die örtlichen Mühlen können aufgrund der ständigen Stromausfälle nur unregelmässig betrieben werden.

Kämpfe erschweren Lebensmitteltransport

Weil Plünderungen befürchtet wurden, lieferten Lastwagen 50 Tonnen Weizenmehl und 5000 Liter Speiseöl in drei Chargen und wurden am Kinderheim sofort verteilt. Die Lebensmittel wurden in der 45 Kilometer entfernten Hauptstadt Mekelle eingekauft. Zunächst hatte sich die Verteilung verzögert, weil die Fuhrunternehmen und Fahrer den Transport über die Hauptstrasse nach Wukro aus Angst verweigerten – nach Berichten von Hinterhalten durch die Guerilla der regionalen “Volksbefreiungsfront” und von willkürlichen Vergeltungsmassnahmen durch Truppen der nationalen Regierung.

Die Hilfe sei dringend notwendig, sagte ein etwa 60-jähriger Bauer bei der Verteilung: “Wir haben eine schreckliche Zeit hinter uns. Erst hatten wir eine Heuschreckenplage, dann zu wenig Regen.” Die Ernte 2020 sei deshalb schlecht ausgefallen. “Und jetzt erschüttert der Krieg unser aller Leben.” Dieser hat auch viele zivilgesellschaftlichen Strukturen unterbrochen – beispielsweise die genossenschaftlichen Einkäufe, durch den sich Bauerngemeinschaften günstige Preise für Lebens- und Produktionsmittel sichern konnten. Stattdessen stiegen die Preise für Nahrungsmittel, seit der Konflikt Anfang November gewann, teils stark an. Weizen verteuerte sich um 25 Prozent, Speiseöl um 70 Prozent. Selbst wenn also auf den Märkten der Städte Waren angeboten werden, sind sie für viele Familien mittlerweile unerschwinglich. “Das Sprichwort stimmt”, sagte ein Familienvater bei der Verteilung: “Armut macht die Dinge so unerreichbar wie den Himmel.”

Viele Empfänger drückten deshalb ihren Dank gegenüber den Spendern aus, gaben aber auch ihren grossen Sorgen Ausdruck: Die Regenzeit von Juni bis September sei schon in gewöhnlichen Jahren eine Periode des Mangels. Nun fürchten die Menschen in Tigray eine Fortsetzung der unsicheren Lage und damit eine besonders schwere Zeit.

Menschen für Menschen setzt sich gegen Armut und Hunger ein. Die Stiftung wurde von dem Schauspieler Karlheinz Böhm (1928 – 2014) gegründet. Im Geiste des Gründers schafft das Schweizer Hilfswerk Lebensperspektiven für die ärmsten Familien in Äthiopien. Ziel der Arbeit ist es, dass sie in ihrer Heimat menschenwürdig leben können. Schwerpunkte der einzelnen Projekte sind Frauenförderung, Berufsbildung, Mikrokredite, Kinderhilfe, Familienplanung und landwirtschaftliche Entwicklung. Die Komponenten werden nach den lokalen Bedürfnissen kombiniert und mit sorgfältig ausgewählten einheimischen Partnern umgesetzt.

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